Behandlung nach dem Castillo Morales®-Konzept
Kommunikation
Im Castillo Morales®-Konzept ist die Kommunikation der Einstieg in jede Diagnostik oder Therapiesituation.
Kommunikation wird im Castillo Morales® – Konzept weiter gefasst als Sprechen und Sprache. Sie geschieht z.B. auch über taktilen Kontakt (lat.: contangere = einander berühren), Blick, Mimik oder Gesten. Die Aufgabe des/der Therapeuten/in besteht darin, auch mit schwer beeinträchtigten Menschen feinste Verständigungsmöglichkeiten auf allen Ebenen zu finden, und so dessen Kommunikationsmöglichkeiten zu fördern.
Denn Castillo Morales betont:
„schweigt die Kommunikation, dann schweigt auch bald die Seele“.
Zu den Bezugssystemen gehören:
- die funktionelle Anatomie,
- die Neurophysiologie,
- die Philosophie,
- die Lateinamerikanische Anthropologie,
- die Ökologie und
- die Pädagogik
die im Folgenden näher ausgeführt werden.
Die Basis dieser tragenden Aspekte des Castillo Morales-Konzeptes bildet die Kommunikation.
Philosophie
Die Philosophie im Castillo Morales-Konzept basiert auf einem humanistischen Menschenbild, das den Umgang zwischen Arzt/Therapeut und Patient/Bezugspersonen prägt.
Sowohl in seiner inneren, als auch in seiner äußeren Haltung begegnet der Therapeut/Arzt seinem Gegenüber auf Augenhöhe. Dadurch werden Hierarchien geebnet; die therapeutische Arbeit wird von Respekt und Achtung getragen.
Viele Aspekte dieser Philosophie beziehen sich auf Erkenntnisse aus der Anthropologie Lateinamerika´s.
Neurophysiologie
Das Castillo Morales®-Konzept fußt auf neurophysiologischer Grundlage. Wissenschaftlicher Beirat und Beirat der Lehrtherapeuten setzen sich regelmäßig mit dieszbezüglich aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen kritisch auseinander und passen das therapeutische Vorgehen ggf. entsprechend an.
Aufbauend auf das Fachwissen des Grundberufes orientiert sich die Therapieplanung der Castillo Morales®-TherapeutIn vor allem an den Kenntnissen über das motorische Lernen, über Haltung und Bewegung, Sinnesphysiologie sowie die physiologischen Abläufe von Saugen, Schlucken und Kauen. Sie verfolgt das übergeordnete Ziel, für jeden Patienten individuell weitestgehende Autonomie und Teilhabe am sozialen Leben erreichen zu können.
Funktionelle Anatomie
Hierfür benötigen die Therapeuten fundiertes Wissen um die funktionelle Anatomie des Menschen, insbesondere auch des orofazialen Komplexes. Dessen Funktion wird in enger Verbindung zu Positionen und Aktivität des gesamten Körpers beschrieben.
Beispielsweise wird das Zusammenspiel der diagonalen Muskelketten über zwei miteinander agierende Dreiecke verdeutlicht, deren Spitzen sich dorsal im thorakolumbalen Übergangsbereich und ventral auf Höhe des Bauchnabels treffen.
Auch die Analyse biomechanischer Zusammenhänge für bestimmte Tätigkeiten im Alltag spielt eine entscheidende Rolle. Beispielhaft kann die in vielen Fällen kürzere Armlänge bei Menschen mit Trisomie 21 genannt werden, die zu erschwerter Stützfunktion der Arme und dadurch verzögerter Aufrichtung beitragen kann.
Der Zusammenhang zwischen „Form und Funktion“ hat in Diagnostik und Therapie einen hohen Stellenwert – z.B. beeinflusst die Aktivität und bevorzugte Position der Zunge die Form des Gaumens sowie des Ober-und Unterkiefers.
Ein besonderer Schwerpunkt im Castillo Morales-Konzept besteht in der Wechselwirkung von Haltung und Aktivität des orofazialen Komplexes und dem Körper. Eine funktionelle Therapie schließt immer beide Aspekte mit ein.
Lateinamerikanische Anthropologie
Das Castillo Morales®– Konzept bezieht die Kenntnisse aus der Sozialanthropologie in die Therapieplanung und -durchführung mit ein: Elemente aus der Erziehung und dem Zusammenleben der Menschen aus den verschiedenen Ethnien Lateinamerikas können sinnvoll in die Therapie übertragen werden. Der enge Körperkontakt, den Kinder in den ersten Lebensjahren erfahren und die dadurch resultierende (Selbst-)Sicherheit, kann im Castillo Morales®– Konzept beispielsweise unmittelbar in der körpernahen Arbeit zur Unterstützung der sensomotorischen Entwicklung wiedergefunden werden.
Ökologie
Die ökologische Sichtweise (griech.Oikoslógos: Wechselbeziehungen der Organismen mit ihrer natürlichen Umwelt) im Castillo Morales®-Konzept berücksichtigt den engen Zusammenhang von sozialen Beziehungen und individueller Umgebung für die Entwicklung des Menschen.
Deshalb spielt die Gestaltung des räumlichen Umfelds (z.B. Licht, Abstützmöglichkeiten, Begrenzung) eine ebenso große Rolle wie die Einbeziehung der Angehörigen mit ihren Ideen, Ängsten, Wünschen, usw., um eine adäquate Therapiesituation anbieten zu können.
Pädagogik
Das Castillo Morales®– Konzept bezieht pädagogische Grundgedanken in die Therapie mit ein; das Therapiekonzept stellt sich die Frage: wie lernt das Kind/der Erwachsene am sinnvollsten?
Ausgehend von den Fähigkeiten und Fertigkeiten, die der Patient mitbringt, werden diese Schritt für Schritt erweitert. Dabei spielt die Eigenaktivität eine entscheidende Rolle. Die Therapeuten gestalten das Umfeld, wecken die Motivation, geben adäquate Hilfestellung und bieten Möglichkeiten zur Imitation an.
Je mehr Fähigkeiten das Kind/der Erwachsene entwickelt, desto mehr werden die Hilfen des Therapeuten zurückgenommen, gemäß dem Leitsatz „hilf mir es selbst zu tun“ (Montessori).
Der therapeutische Prozess findet immer als Dialog zwischen Betroffenem und Therapeut statt und erfordert von Beiden eine wache Aufmerksamkeit und Motivation.